Alles andere als eingängige Kost gibts es auf dem 2021-er Output des Ehepaares Parker/Sparhawk. Lärmige und verzerrtere Gitarrenschlaufen, ambiente Passagen, tiefe Bässe und zuckersüsse Melodien werden auf Hey What zu einer einzigartigen und zerstörerischen Schönheit zusammengebastelt. Manchmal aber auch etwas nervig, da man nicht weiss ob nun das etwas in die Jahre gekommene Hi-Fi System – hat immerhin schon 36 Jahre auf dem Buckel – am Geist aufgeben ist, oder halt doch alles nur so von Low einstudiert ist. Eines ist jedoch sicher, Hey What wird ein Album sein, dass mir in Jahren noch (besser) gefallen wird, da absolut einzigartig und zeitlos. Platz 5 nur deshalb, weil die anderen noch kommenden vier Alben ein paar Rotationsrunden mehr verbucht haben.
Die beiden auf dem nordwestamerikanischen Kult-Label Sub Pop erschienen Alben von Tiny Vipers strotzen nur so von beklemmender Melancholie und hermetischer Trostlosigkeit. Immer ungemein berührend und ganz wichtig, Tiny Vipers driftet nie ins weinerliche ab. Die Musik entsprechend spärlich instrumentiert. Akustische Gitarre, viel Hall und eine wenig Marble Index, das Muss reichen. Ein Soundtrack, aufgenommen für den nie enden wollenden Winter. Oder für die wohl bald wieder kommenden Tage in der Isolation.
Meteo Swiss, die es aktuell nicht mal schaffen, das Wetter korrekt einen halben Tag im Voraus anzukünden, meinen doch tatsächlich, es solle nächste Woche 35 + Grad werden. Am Ende der Vorhersage wird dann aber auch auf die derzeit unsichere Wetterlage hingewiesen und somit kann man also, je nach Interpretation, wohl auch mit etwas Regen oder gar Schnee rechnen. Egal, sollte es wirklich 35 und mehr Grad werden bin ich mit dem neusten Output der legendären Drone-Doomer Earth bestens gerüstet. Die Soundscapes darauf klingen nämlich schwer nach staubigen Outlaw-Amerika, also da wo sich abgebrochene Zäune, Kakteen und einsame rote Schluchten noch gemeinsam gute Nacht wünschen und der Hörer irgendwo im kühlenden Schatten sich mit ein paar harten Drinks das Leben verschönert.
Kurz nach der Jahrtausendwende war Omaha das neue Seattle, das Label Saddle Creek sowas wie Sub Pop und Emo-Folker Conor Oberst der neue Messias. So oder so ähnlich war das damals. Jahre sind mittlerweile ins Land gezogen, Conor Oberst veröffentlichte seit 2005 meist ziemlich mediokre Alben und wenn er mal in den Medien auftauchte, dann vor allem wegen dieser angeblichen Vergewaltigungsgeschichte. Seit einer Woche ist der mittlerweile auch schon fast 39 jährige endlich auch musikalisch mal wieder in aller Munde. Zusammen mit der bezaubernden Phoebe Bridgers hat er die Band Better Oblivion Community Center ins Leben gerufen und selbstbetitelt auch gleich eine ziemlich starke Platte hinterher geworfen. Das ganze meist etwas “lüpfiger” als Phoebes und Conors Soloergüsse der letzten Jahre, aber bei weitem nie so Emo wie damals die Bright Eyes-Höhenflüge. Ich bin mehr als nur entzückt, auch weil ich doch eher etwas in Richtung Nancy und Lee-Gedächnis-Gesäusel erwartet habe und mir das Ganze somit erst gar nicht anhören wollte. Anspieltipp!
Low’s Neuerfindung mit Hilfe elektronischer Spielereien hat der Band gut getan. Double Negative hat sich dann auch gleich in kürzester Zeit zu meinem liebsten Low-Album seit Curtain Hits the Cast entwickelt und das soll dann doch was heissen. Den Hörer erwartet eine gut 50-minütige Reise durch Klang und Raum. Mal verstörend, mal verträumt und trotz der ganzen Störgeräusche irgendwie immer noch ein klassisches Low-Album.
Schön und zugleich auch verstörend. Double Negative ist nichts weniger als ein weiteres Meisterwerk der Slowcore-Helden aus Duluth, Minnesota. Passt – sorry wenn ich schon wieder über mein Lieblingswetter schwadroniere, aber davon hatten wir dieses Jahr viel zu wenig – bestens zu einem verregneten Tag oder einer eiskalten Nacht. Herrlich.
Bei dem Tempo, welches die amerikanische Kultband Hot Snakes, die ja selber aus diversen Kultbands hervorgegangen sind, auf dem Übersong Braintrust anschlägt, würde selbst der ultrascharfe Autokritiker und Wiener Stadtplaner Hermann Knopflöcher mit Vollgas in eben so einem dem Wochenede entgegenbrausen. Es braucht ja schon einiges, dass hier Fuss und Kopf nicht mitzappeln. Und wer wie ich nicht im Besitz eines stinkenden Vehikels ist, der spielt doch am besten einfach ein wenig am Lautstärkeregler. Der Rest (Polizei, verärgerte Nachbarn etc) ergibt sich von selbst. Bon week-end!
Nach einer intensiven Woche mit Mötley Crüe, der immerhin fünft liebsten Band (geschätzt) im Kosmos Call Me Appetites, einer noch intensiveren Woche im Job, deshalb die raren Beiträge hier, gehört die Kalenderwoche 8 ganz und gar dem Father John Misty und seinem doch ziemlich überragendem Album I Love You, Honeybear. Hier wurde so ziemlich alles richtig gemacht. Opulente Arrangements der Marke 70ies Westcoast-Pop treffen auf psychedelische Gitarrensoli, mexikanische Bläser und traurigen Klavierballaden. Und über dem ganzen croont Josh Tillman Geschichten, die das Leben schrieben. Grosse Klasse das Ding und ich kann derzeit nicht schlafen, bevor ich mindestens 5 mal am Tag When You’re Smiling and Astride Me, meinem derzeitigen absoluten Lieblingssong gehört habe. Entsprechend gilt auch hier das Prädikat Weltklasse. Ein Platte, von der man noch in Jahren sprechen wird. Schon jetzt legendär ist der Auftritt vor kurzem in der David Letterman Show:
2015 darf man sich ja auf einige, hoffentlich tolle Veröffentlichungen freuen. Unter anderem sollen Alben von Björk, Bob Dylan, Father John Misty, Modest Mouse, Tocotronic und Sleater Kinney folgen. Von letzteren liegt auch schon seit gestern das neue Album bereit zum abgehört werden und die Vorfreude ist sehr gross und einem Griff zur Stereoanlage wird derzeit nur noch durch viele mühsame Telefonate mit der Swisscom (machten irgendwelche Tests und seit dem geht überhaupt nix mehr) getrübt. 2015 ohne Telefon, TV und Internet, das geht gar nicht! Anyway….. Sleater Kinney sind ja die Band, die für meinen seit bald 20 Jahren treuesten Begleiter, dem Tinnitus, verantwortlich sind. Damals als ich die drei Damen in der Roten Fabrik zum ersten mal sah, kannte ich diese Band noch gar nicht. Man ging ja auch wegen den Aeronauten und vor allem Tocotronic hin. So nebenbei bis heute auch das beste Line-Up ever (Helium mit Mary Timony waren auch noch dabei), das ich an einem Abend in einem Club zu Gesicht bekam. Seit dem verfolge ich mit grösster Freude das Schaffen der Band und wurde musikalisch nie wirklich enttäuscht. Und wenn ich mir das sehr hübsche Artwork des neuesten Sleater Kinney Albums so anschau, erinnert das irgendwie an Schall und Wahn von Tocotronic. Zufall?
Zuguterletzt möchte ich auch noch auf die hübsche Promo-Aktion vom Kultlabel Sub Pop hinweisen. In den gut dreieinhalb Minuten singt oder tanzt die eine oder andere “Berühmtheit” zum Sleater Kinney-Titelsong Eine sehr schöne und somit sehenswerte Promoaktion, wie ich finde. Und nun endlich No Cities To Love hören….
Im August, also beim Erscheinen dieses Albums, verspürte ich ja noch kein Befürfnis Mirel Wagner zu hören. Dies hat sich diese Woche aber rasch geändert und diese wunderbaren, ich wiederhole mich gerne, spröden und dunklen Folksongs sind derzeit genauso in meinem Alltag anzutreffen, wie der zusätzlich wärmende Schuss im abendlichen Tee. Tipp!