Bleiben wir noch ein wenig beim “Classic Rock”. Würde War on Drugs oder sonst so ein Name eines super-szenigen veganen Hipstervogels draufstehen, das Teil würde ohne Ende gefeiert werden. So ist es halt “nur” ein brandneuer Song des ergrauten Jon Bon Jovi und seiner Mannschaft. Ein ziemlich guter, wie ich finde. Stilistisch bewegt sich die Band immer mehr in Richtung Heartland Rock, hier noch mit leichtem U2-Einschlag. 2020 soll dann das neue Album Bon Jovi – 2020 folgen und gemäss diversen Berichten wird es nebst eher politischen Songs noch weitere “Hymnen” für die US-Veteranen darauf zu hören geben. Ich bin gespannt. Der Vorabbote, ist wie erwähnt, schon mal richtig spitze.
Mein bescheidener Arbeitsplatz ist in einer doch eher exklusiveren Ecke der Stadt untergebracht. Weniger exklusiv ist mein monatlicher Zustupf für die tägliche Lohnarbeit. Dafür ist beim selbstfinanzierten, suchtgesteuerten Kaffeekonsum am Büroküchenfenster oft sehr schön zu beobachten, was sich da so für Leute im Hinterhof rumtreiben. Nebst ein paar renommierten Anwaltskanzleien, ist da auch eine grössere, national bekannte Werbeagentur beheimatet und entsprechend ist der Hinterhofcatwalk dank den modischen Mitarbeitern meist gut besucht. Wobei auch deren Klientel meist etwas gar übertrieben einer bestimmten Szene angehören will. Vorhin zum Beispiel fuhr am Fenster ein übergrosser Off-Roader vor. Ihr wisst schon, eines dieser mega Teils, wo die meist viel zu kleinen Köpfe kaum über den Autolenker ragen und man beim flüchtigen Hinsehen mit einem führerlosen Automobil rechnet. Ausgestiegen ist dann in der Tat ein eher kleiner, ziemlich bärtiger Mann älteren Semesters. Beim Türe öffnen noch kurz einmal den verstorbenen Steve Lee laut aufheulen lassen, bevor er dann breiten Schrittes, verkleidet in Carhartt-Bagypants, einer übergrossen Wollmütze, Designergummistiefeln sowie einer Allwetterwindjacke von Barbour – das geschulte Auge erkennt dies am Cordkragen – selbstbewusst Richtung Werbeagentur schritt. Man hätte meinen können, der gute Herr sei auf dem Weg in den südamerikanischen Regenwald. Nun gut, für den täglichen, ziemlich harten Überlebenskampf im Schweizer Grossstadttschungel muss man ja auch stets bestens ausgerüstet sein. No Money, no honey….
Ähnlich aufgefallen sein muss auch der Justin Vernon, als er von einem monatelangen Aufenthalt in einer “einsamen” nordamerikanischen Waldhütte zurück in die grosse Stadt kam. Mit im Gepäck hatte er, die unter den traurig-romantischen Karohemden- und Barträgern allseits beliebte Platte For Emma Forver Ago. Das war vor gut 10 Jahren. Die vielen 20-something “Huschelis” von damals mutierten in der Zwischenzeit erfolgreich zu geldgierigen Geschäftsmännern und -frauen. Aus Justin Vernon wurde ein Popstar. Daran dürfte wohl auch das mit viel Autotuning aufgepeppte 22, A Million nicht viel ändern. Im Gegenteil. Die Wandlung vom scheuen Folkie zum modernen Artpopper ist Bon Iver gut gelungen und somit dürfte er mit seiner Musik 2016 noch mehr Leute, als eh schon, berühren. Wunderbare Platte, die jedoch mit dem Debüt musikalisch rein gar nichts mehr am Hut hat.
Heute vor 10 Jahren verstarb Grant McLennan, die eine Songwriterhälfte der Go-Betweens an einem Herzinfarkt. Allerhöchste Zeit also, sich mal wieder durch das umfangreiche und exzellente Schaffen von Grant solo und natürlich auch zusammen mit Robert Foster genüsslich durchzuarbeiten. Nur gut ist heute Brückentag, denn es gibt einige Perlen die gespielt werden möchten.
Ein paar schöne Worte über Grant McLennan schrieb vor ein paar Jahren Robert Foster mit dem Titel A True Hipster im australischen Monthly. Zum Artikel gehts hier lang. Love goes on!
Die etwas Älteren unter den Lesern und Leserinnen erinnern sich sicher noch gut an die Hipster von damals. Bewaffnet mit Wollmützen, Flanellhemden aus der Migros und Doc Martens-Imitaten aus dem Vögele (ähnlich wie Deichmann in D-Land) machten Anfang der 90-er Jahre alle “coolen” und männlichen Mitmenschen (natürlich war der Look auch bei den Mädchen und Fraune en Vogue) plötzlich einen auf Kurt und/oder Eddie. An diesem Phänomen nicht ganz unschuldig war auch ein gewisser Dylan der damals am Freitagabend mit seinen meist gutsituierten Schergen auf RTL Plus resp. in 90210 Beverly Hills Abermillionen von Frauenaugen verzückte. Somit wollte Mann mit seinem neuen Look nebst trendsettern vor allem bei den weiblichen Schulkameradinnen punkten. Die einen dabei etwas erfolgreicher als die anderen. Ob dieses Scheitern wohl was mit Olivenöl im langen Haar zu tun hatte?
Egal, die 90-er sind ja wieder “in” und warum also auch nicht mal wieder in der musikalischen Fundgrube nach längst vergessenen Perlen der sogenannten “Grunge”-Ära ausschau halten.
Ein Blick aufs Albumcover der neuen Vampire Weekend Scheibe wiederspiegelt das derzeitige Wetter ziemlich gut: Grau in Grau und dazu ein verhangener Himmel. Es bleibt also nicht anderes übrig, als sich dieses Wochenende im Wohnzimmer zu installieren, literweise Horchata zu trinken und ein wenig den mehrheitlich sonnigen Klängen von Modern Vampires of the City zu lauschen. Ein vorzügliches Album das sich dem Hörer mit jedem Durchgang mehr und mehr erschliesst.