Rückwärts war nie vorgesehen. Und trotzdem führt der Weg nochmals ins Jahr 2017. Dank der diversen musikalischen Jahresabrechnungen tauchen auch immer mal wieder Titel auf, die man irgendwie und aus unbekannten Gründen übersehen hat und eigentlich ziemlich grossartig findet. Und überhaupt, ein musikalischer Jahrgang ist auch 113 Jahre später – zumindest was die Auswertung betrifft – noch nicht wirklich abgeschlossen und man sollte die Jahrescharts sowieso mit ein wenig Abstand erstellen. Hätte, müsste, würde, die Bestandsaufnahme ist erledigt. Ändert aber nix daran, dass Couleur der aus Aachen stammenden Post-Hardcore Band FJØRT ziemlich fantastisch ist. Ein ziemliches Brett, das mich teilweise auch an Turbostaat erinnert, welches die 3 da so hinlegen. Hörtipp für Menschen, die es gerne auch mal etwas lauter mögen.
Kurze Rückblende. Anfang Woche berichtete ich von fremden Männern im heimischen Garten. Diese sind noch immer da und lärmen noch immer um die Wette. Normalerweise sind mir solche Kracheskapaden sowas von egal, aber ich hatte diese Woche mal wieder Urlaub und fühlte mich in meinem eh schon knapp bemessenen Schlaf ziemlich beeinträchtigt. Nun gut, das frühe Aufstehen hat sich heute dann trotzdem gelohnt. Die neue Scheibe der Metalcore-Legenden Converge landetet pünktlich im Briefkasten und so hatte ich die Möglichkeit dieses ziemlich geile Werk (sorry für diesen etwas unreife Beschreibung, ist aber wirklich so) im ewigen Spiel Lärm gegen Lärm anzutesten. Jacob Bannon schreit sich hier wie eh und je die Lunge aus dem Hals und die Rhytmusmaschinerie lärmt dazu unfassbar verrückt, waghalsig und vor allem hart. Ein wahrer Nackenbrecher, dieses The Dusk in Us, und jetzt schon ein Meisterwerk der brachialen Musik. Hörtipp!
ARTE zeigte gestern Abend eine Art Doku über den Judas Priest Auftritt am Wacken 2015. Nebst diversen Livemitschnitten, liess man auch den einen oder anderen Fan und Musiker vor der Kamera rumblödeln. Das war dann doch um einiges unterhaltsamer als die m.E etwas lieblos runtergespielten, unnötig in die Länge gezogenen Songs der britischen Metallegenden. Noch viel peinlicher jedoch das Bühneoutfit der Herren, die sicherlich schon weit über die 60 Jahre alt sind. Logisch erwarte ich an einem Metalkonzert keine Musiker in beigen Gabardinehosen und dazu passenden hellbraunen Übergangsjacken, doch am Bein ausgestellte Lederhosen, ja generell labbrig sitzende und schlecht geschnittene Lederklamotten sind halt schon nicht so der Brüller, auch wenn genau dieses Outfit vor irgendwie 40 Jahren mal das Markenzeichen der noch jungen Judas Priest und dann anschliessend diverser Heavy-Metaller-Generationen wurde. Unappetitlich übrigens auch die struppigen Schamhaare die an Rob Halfords Kinn kleben. Geschmäcker sind nun mal verschieden, doch über die musikalische Relevanz von Judas Priest muss man definitiv nicht diskutieren.
Apropos Relevanz. In Sachen Brutalität, Schmerz, Leiden, Einsamkeit und Verlust gebündelt und in musikalische Form umgesetzt, gehören die Amerikaner Converge mit Bestimmtheit zur Speerspitze, was in den letzten gut 20 Jahren auf den Markt kam. Nun gibts es nach etwas längerer Zeit mal wieder neues Hörmaterial der Band. Einerseits, die mit einem wunderbaren Videoclip untermalte Panikattacke namens I Can Tell You About Pain sowie auf der B-Seite das ziemlich Schizophrene, über 7-minütige Eve. Zwei absolut grossartige Songs, die mehr als nur Lust auf ein neues (?) Album machen.
Die freie Zeit war diese Woche besonders kostbar. Einarbeitung im neuen Job sowie einräumen und putzen der Wohnung nagten am Energiehaushalt. So musste man sich beim Entdecken neuer Musik auf die Rezensionen der gängigen Magazine und Blogs dieser Welt verlassen. Durchwegs gut Kritiken bekam unter anderem die neue Scheibe von Roger Waters, seines Zeichens Mitbegründer von Pink Floyd. Drei Hörgänge später muss ich dann aber doch enttäuscht schlussfolgern, dass alles ganz nett klingt, aber auf Albumlänge extrem generisch ist. Somit möchte ich nicht näher auf dieses doch ziemlich mediokre Album eingehen und stelle doch lieber mal wieder einen Lieblingssong in den weltweiten Raum. Died Laughing vom einstigen Obermacker und Muskelprotz Keith Caputo war damals doch sehr überraschend poppig und somit ein doch ziemlich extremer Schritt weg vom Hardcore seiner Stammkapelle Life of Agony. Daraus zu hören gibt es das wundertolle und leicht melancholische Selfish. Im Leben von Keith sollten dann in den folgenden Jahren noch einige andere, ziemliche sichtbare Veränderungen folgen.
Anstatt meine Teenager-Frustration damals mit Metal zu verarbeiten, wären Discharge und andere Hardcorelegenden so im Nachhinein gesehen die besseren Krachmacher gewesen. Mit dem Alter (und dem Internet) wird man halt schlauer.
Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub. Angefixt vom Grind-und Hardcore Massaker im Berliner Cassiopeia hab ich mich in den letzten Tagen mal wieder ein wenig mit japanischem Noisecore beschäftigt, denn das nächste Reiseziel soll Tokyo sein. Als grosser Fan des Boredoms-Schreihalses Yamantaka Eyehab ich mir vor ein paar Jahren mal ein paar Alben rund um die von John Zorn angeführten Naked City gekauft. Ein extremer Husarenritt der Sonderklasse. Da trifft, kurz zusammengefasst wahnsinniger Freejazz auf ultradeftiges Grindcore-Geknüppel, welches sich aber immer mal wieder mit melodiösen Passagen abwechselt. Und darüber thront das kranke Geschrei von dem eben erwähnten Yamantaka Eye. Sollte man mal auf etwas andere Musik Lust haben, here you go.
Nach dem Wochenende in den Bergen verschlug es meine Wenigkeit für drei ziel- und planlose Tage nach Berlin. Naja, ganz planlos dann doch nicht. Tag zwei wollte ich mir Lola Marsh angucken gehen. Es kam natürlich anders. Nachdem ich in Friedrichshain im Hops and Barleyschon am Nachmittag einen ordentlich über den Durst getrunken hatte und dabei mit Punkrock zugedrönt wurde, hatte ich nach dem Verlassen dieser ausgezeichneten Hausbrauerei keine grosse Lust mehr auf “ruhige” Musik und lief wie eingangs schon erwähnt gewohnt planlos umher und landetet auf dem Gelände des Cassiopeia.Von aussen betrachtet hinterlässt dieses doch eher einen abgeranzten Eindruck, was mich aber nicht abhielt diese neue Welt zu erkunden. Guter Entschluss, denn auf einer Schiefertafel bei einer der diversen Bars stand dann auch etwas von Hard- und Grindcore Konzert für 10 Euro. Nach kurzer Rücksprache mit der inneren Bierlaune zückte ich mein Portemonnaie, vergass Lola Marsh, trank noch ein paar Biere mehr und hörte mir 5 teils ziemlich gute, aber auch ziemlich heftige Bands an. Feststellung des Abends: Das Berliner Publikum ja noch viel zurückhaltender als das Zürcher. Weder Moshpit noch Pogo noch sonstwas bei solcher Musik? Aber hallo! Ich fands aber trotzdem sehr angenehm, denn irgendwie rechnete ich mit ein paar blauen Flecken an meinen vom vielen rumlaufen geschwächten Beinen (wie damals als naiver Teenager an meinem ersten “kleinen” Konzert mit Pantera) und war somit froh, dass ich dann ohne Schmerzen nach Hause laufen konnte. Tag 3 war ich dann noch im Ramones Museum. Da bin ich nun lebenslanges Mitglied und für unschlagbare 1.50 Euro Aufpreis gibt es übrigens ein Bier obendrauf. Gute Sache.
Erinnert was Gitarren und Songstruktur betrifft irgendwie an die Post-Punk-Götter Mission of Burma und ist somit meilenweilt von dem Prog-Gewischse von Mars Volta entfernt. Hook reiht sich an Hook. Gut so,
Gute Nachrichten gibt es in dem noch sehr jungen Jahre 2012 schon zu hauf. Nun ist vor 2-3 Tagen auch durchgesickert, dass sich Refused, die schwedischen Hardcore-Legenden, für ein paar Liveshows und für noch ein kleines bisschen mehr Geld reformiert haben. Refused are not fucking dead kann man da nur hinzufügen, auch wenn der Kapitalismus nun endgültig die Jungfräulichkeitall derer gestohlen hat. Nachzuvollziehen ist diese Entscheidung ja schon, möchten doch nicht nur Refused im späteren Rentenalter weiterhin ein gutes Leben führen.