Er existiert noch immer, der grosse amerikanische Traum. LCD Soundsystem‘s sind dafür verantwortlich und zeigen der Musikwelt mit ihrem fantastischen neuen Album auch gleich, wo mit American Dream der musikalische Hammer 2017 platziert ist. Und der hängt sehr weit oben. Lange sieben Jahre nach scheinbarer Beendigung des Bandprojekts und 2’398 ausgeschenkten Kaffee’s später wollen es New Yorks Oberhipster James Murphy und seine Mannschaft nochmals wissen und legen nach dem schon ziemlich fantastischen This is Happening noch eine Schippe obendrauf und musizieren sich in bester David Bowie/Brian Eno/Talking Heads-Manier gewürzt mit diversen hausgemachten Zitaten in erneute Höchstform. Ein wenig ruhiger und melancholischer als früher, aber auch ein James Murphy wird schliesslich nicht jünger. Hörtipp.
Wir waren uns letzthin beim Essen mal wieder einig. Das bisherige Musikjahr ist einfach nur sackschwach. Nur wenige Platten wurden Wochen nach Veröffentlichung nochmals hervorgeholt und für anständig bis gut befunden. Aber wer weiss, vielleicht gibts ja noch einen hochkarätigen Endspurt. Extrem enttäuscht haben mich unter anderem Arcade Fire. Win Butler ist ja schon seit längerem einer der grössten Vollpfosten auf dem Planeten, doch vermochte er mich bis und mit der ersten Single des neuen Albums mit seiner Musik einigermassen versöhnlich zu stimmen. Mit dem letztjährigen Tod David Bowies verabschiedeten sich vom Arcade Fire Frontmann wohl nicht nur sein Mentor und bekanntester Fan, sondern auch seine kreativen Qualitäten als Songschreiber. Arcade Fire klingen auf Everything Now nämlich wie eine schlechte Kopie ihrer selbst. Uninspiriert drehen die Songs brave Runden im Popniemandsland und erinnern irgendwie an einen ausgekauten Hubba Bubba-Kaugummi. Everything Now muss also definitiv nicht sein. Trotzdem schön zusehen, was man 2017 an einem Arcade Fire Konzert nebst vielem Altbewährtem zu hören bekommt. Das Cover von Mind Games, puuuuurer Wahnsinn! Der Song ist ja mitunter einer der besten John Lennon Songs überhaupt und jagt mir auch heute noch bei jedem Hören einen kalten Schauer über den Rücken. Diese Version der Win Butler Band ist unbestritten riesig und überrascht am Ende noch mit ein paar netten Kleinigkeiten. Hört aber selber.
Die Spatzen haben es heute schon von sämtlichen Dächern gepfiffen. Kurt Cobain, Held diverser Generationen, allen voran der Meinigen, wäre heute 50 Jahre alt geworden. Wäre. Die Geschichte wurde bereits geschrieben und so hab mich heute beim musikalischen Indoktrinieren der kleinen Celia Emiliana mit der Nirvana-Discographie doch einige Male gefragt, ob der gute Kurt mit seinen 50 Lenzen, Bierbauch und schütterem Haar noch immer den Soundtrack zu einer stetig schlechter werdenden Welt liefern würde. Eines ist jedoch sicher, in einer Zeit der gefrässigen Bieber sowie solcher charakterlosen Schwachmaten wie Sarah und Pietro Lombardi wäre es nur allzu schön, einem Menschen mit dem Format von Kurt Cobain zuhören zu dürfen. In dem Sinne gibts auch hier und jetzt einen Nirvana resp. Kurt Cobain-Gedenksong. Über die MTV Unplugged Aufnahme muss man wohl auch nicht mehr viel sagen. Unvergessen, legendär, ein Klassiker. Aber eben, Hauptsache, Alessio geht’s gut.
Ground Control to Major Wayne. Gestern gastierten the one and only Flaming Lips im ziemlich anständig gefüllten Zürcher Volkshaus. In Vorfeld noch ein Weizenbier zwecks Auffrischung der inneren Glückseligkeit in der Bar nebenan getankt und somit konnte im Anschluss einem gutgelaunten sowie bunten Kindergeburtstag mit Drogenonkel Wayne nichts mehr im Wege stehen. Wer die Flaming Lips schon mal live erlebt hat, weiss welch ein Spektakel den Besucher und die Besucherin während deren Live Shows erwarten wird. Ronald McDonald’s Partys sind dagegen lasche Kaffeekränzchen für vereinsamte Gabardinehosen-Träger.
Der Abend startete standesgemäss mit Race For The Prize sowie einem ordentlichen Konfettiregen und Riesenballons. Stimmung von 0 auf 100 in 3 Sekunden. Geilomat. Es sollten in den gut folgenden 105 Minuten nebst zahlreicher Hits, einem Einhorn, schrulligen Aufblas-Figuren, Milleniums-Psychedelik, tanzenden Riesenaugen, einem Regenbogen und diversen Kostümwechseln auch noch David Bowies Major Tom folgen. Major Tom, herzergreifend vorgetragen von Chefdirigent Wayne Coyne eingepackt in einem Riesenballon schwebend über den Köpfen der staunenden Zuschauerschaft. Ja, das war schon ziemlich Klasse gestern. Schön auch zu sehen, wie der gute Wayne Coyne auch 30+ Jahre nach Gründung der Flaming Lips noch immer Spass an seinem Beruf hat. Was der gute wohl so an Drogen zu sich nimmt? Zumindest schaden sie ihm nicht. Einzig am schlechten Sound der Anlage gab es zeitweise was zu meckern, doch isst man bekanntlich bei den ‘Lips ja mit dem Auge mit und somit war der Abend jeden Rappen Eintrittsgeld wert, oder um es mit den Worten des Oberstrebers aus Beverly Hills 90210 zu unterstreichen: You know, I’ve never been a fan of alternative music, but these guys rocked the house!”. Gerne wieder!
David Bowie zeigte dem Tod nochmals die lange Nase und setzte mit Blackstar einen fulminanten Schlusspunkt unter seine doch ziemlich einzigartige Karriere. Hier gibt’s nochmals alles zu hören, was Bowie ein lebenlang auszeichnete. Wahnsinn, Verzweiflung, Artrock, Zerbrechlickeit, Inszenierung, stolpernde Rhythmen, luzide Träume und schlussendlich auch irgendwie Popmusik, die hie und da mit etwas Freejazz aufgepeppt wurde.
We are the Pop Kids, we love the Pop Hits. Zur Abwechslung zum ganzen Longplay-Listenterror der letzten drei Tage gibt es hier und jetzt die zehn meist gehörten und damit auch meist geliebten Songs des Jahres.
1. Masha Qrella – DJ
2. The Radio Dept. – Swedish Guns
3. Stabil Elite – Spumante
4. Nicolas Jaar – No
5. Suede – I Don’t Know How To Reach You
6. Anohni – 4 Degrees
7. Beatsteaks feat. Dirk von Lowtzow – French Disko
«Das ist das, was ich an diesem Job so hasse. Ich verhelfe jungen, mittellosen Menschen zu tausenden von Euro und muss mich dafür dann beschimpfen lassen. Ich nehme dieses Verhalten mit Abschaum und Empörung zur Kenntnis. Ich brauche jetzt dringend eine Auszeit!» Günther Jauch gestern in Wer wird Millionär?
Auch die britische Band Suede benötigte vor ein paar Jahren eine Auszeit. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wurde auch ein Brett Anderson immer mal wieder von irgendwelchen dahingelaufenen Schnöseln beschumpfen, der Hauptgrund am damaligen Suede-Split lag aber, nebst den Drogenproblemen des Sängers, vor allem bei den schlechten Absatzzahlen ihres halt doch ziemlich mediokren Albums A New Morning. Nun, Suede haben sich bekanntermassen wieder zusammengetan (immer noch ohne Bernhard Butler) und seit gut zwei Wochen steht endlich der Nachfolger vom damals schon fantastischen Comeback Bloodsports namens Night Thoughts in fast sämtlichen Läden dieser Welt. Eine ziemliche Granate, das Album, welches zurecht landauf landab beste Kritiken erntet und vom Spiegel kurzerhand auch schon zum besten Album seit Dog Man Star ernannt wurde (ich würde mal behaupten, seit Coming Up). Kleiner Fakt am Rande zum Schluss: Wie auch schon beim Comeback, welches Zeitgleich mit David Bowies, einem der Vorbilder von Anderson, stattfand, kam nun auch dieses Album nur kurz nach Blackstar auf dem Markt. Hörtipp!
David Bowie‘s Musik durfte man auch immer wieder in Filmen geniessen. Berühmte Beispiele sind unter anderem Heroes (Wir Kinder vom Bhf. Zoo) und Buddha of Suburbia. Und da sich die Themen in den Bowie Songs oft um die dunklen Seiten im Menschen bewegten kam auch David Lynch irgendwann nicht mehr drumherum, die Musik Bowies in einem seiner zahlreichen Filme einzubauen. Ausgesucht hatte er sich als Eröffnungs- sowie Closermusik für seinen Spielfilm Lost Highway das elektrifizierte I’m Deranged vom ausgezeichnete 1995er Album Outside. Da kann man Herrn Lynch für seine gute Wahl nur gratulieren.
Es wird wohl nicht mehr allzulange dauern, bis der erste Song Namens The Day, David Bowie Died irgendwo in irgendwelcher Form von irgendeinem weinerlichen Songwriter auftauchen wird. Soll ok sein. Meinen Segen haben die Loser…. Nun Bowie war ja bekanntermassen schon zu Lebzeiten eine wahre Legende (wie es sich für einen richtigen Rockstar auch gehört) und entsprechend findet man schon seit seit längerem das eine oder andere Bowie-Tribut-Schmankerl auf Platte und CD vertont. So richtig grossartig haben das die Neuseeländer Flight of the Conchords gemacht. Aber schaut und hört doch selber.
Mr. Bowie, oft gecovert und weiterverwendet, bediente sich selber auch mal gerne bei bereits bestehendem Liedgut. Wild is the Wind ist einer seiner wohl bekanntesten Coverversionen und eine richtige Prachtstat. Ein ganz ähnlich toller Song, und erst noch mit schunkeligem Reggae-Rhythmus, ist D0n’t Look Down , welcher sein langer Weggefährte und Drogenbuddy Iggy Pop ein paar Jahre zuvor geschrieben hat. Grosses Ding und gerade in Zeiten nassfeuchtem Schneefalls überlebenswichtig.