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Bon Iver – 33 “God” (2016; 22, A Million)

 

Mein bescheidener Arbeitsplatz ist in einer doch eher exklusiveren Ecke der Stadt untergebracht. Weniger exklusiv ist mein monatlicher Zustupf für die tägliche Lohnarbeit. Dafür ist beim selbstfinanzierten, suchtgesteuerten Kaffeekonsum am Büroküchenfenster oft sehr schön zu beobachten, was sich da so für Leute im Hinterhof rumtreiben. Nebst ein paar renommierten Anwaltskanzleien, ist da auch eine grössere, national bekannte Werbeagentur beheimatet und entsprechend ist der  Hinterhofcatwalk dank den modischen Mitarbeitern meist gut besucht. Wobei auch deren Klientel meist etwas gar übertrieben einer bestimmten Szene angehören will. Vorhin zum Beispiel fuhr am Fenster ein übergrosser Off-Roader vor. Ihr wisst schon, eines dieser mega Teils, wo die meist viel zu kleinen Köpfe kaum über den Autolenker ragen und man beim flüchtigen Hinsehen mit einem führerlosen Automobil rechnet. Ausgestiegen ist dann in der Tat ein eher kleiner, ziemlich bärtiger Mann älteren Semesters. Beim Türe öffnen noch kurz einmal den verstorbenen Steve Lee laut aufheulen lassen, bevor er dann breiten Schrittes, verkleidet in Carhartt-Bagypants, einer übergrossen Wollmütze, Designergummistiefeln sowie einer Allwetterwindjacke  von Barbour – das geschulte Auge erkennt dies am Cordkragen – selbstbewusst Richtung Werbeagentur schritt. Man hätte meinen können, der gute Herr sei auf dem Weg in den südamerikanischen Regenwald. Nun gut, für den täglichen, ziemlich harten Überlebenskampf im Schweizer Grossstadttschungel muss man ja auch stets bestens ausgerüstet sein. No Money, no honey….
Ähnlich aufgefallen sein muss auch der Justin Vernon, als er von einem monatelangen Aufenthalt in einer “einsamen” nordamerikanischen Waldhütte zurück in die grosse Stadt kam. Mit im Gepäck hatte er, die unter den traurig-romantischen Karohemden- und Barträgern allseits beliebte Platte For Emma Forver Ago.  Das war vor gut 10 Jahren. Die vielen 20-something “Huschelis” von damals mutierten in der Zwischenzeit erfolgreich zu geldgierigen Geschäftsmännern und -frauen. Aus Justin Vernon wurde ein Popstar. Daran dürfte wohl auch das mit viel Autotuning aufgepeppte 22, A Million nicht viel ändern. Im Gegenteil. Die Wandlung vom scheuen Folkie zum modernen Artpopper ist Bon Iver gut gelungen und somit dürfte er mit seiner Musik 2016 noch mehr Leute, als eh schon, berühren. Wunderbare Platte, die jedoch mit dem Debüt musikalisch rein gar nichts mehr am Hut hat.

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Talking Heads – Cities (1979; Fear of Music)

Think of London, a small city, It’s dark, dark in the daytime, the people sleep, sleep in the daytime if they want to, if they want to….  

Ende Monat wird sich der mediale Rummel auf die Strassen sowie Sportstätten Londons konzentrieren. Dann nämlich starten die Olympischen Sommerspiele. Was ideell vom einstigen „Treffen der Jugend der Welt“, dem sportlichen Vergleich sowie der Völkerverständigung übrig geblieben ist, wird sich zeigen.
Viel übrig geblieben ist vom visionären und oft dicht verwobenen Kunstpop der Talking Heads. Seit Jahren basteln junge Musiker an Song- und Soundstrukturen herum, die an die kompositorischen Grosstaten von David Byrne und Mannschaft erinnern. Beste Beispiele dafür sind die aktuellen Veröffentlichungen von Django Django und den Dirty Projectors.  Zeit also, die Talking Heads mit einem Song des Tages bei Call Me Appetite zu würdigen, und dann erst noch mit einer schönen Liveaufnahme aus der kultigen ZDF-Reihe „Rock Pop“.

Im Spätsommer folgt dann ein neues Album von David Byrne in Zusammenarbeit mit St. Vincent. Die Anzeichen auf ein musikalisches Spektakel stehen gut.

 

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