Auch das noch. Die Spex wird zum Jahresende eingestellt. Das nach 38 Jahren und 384 Ausgaben. Der Markt hat sich in all den Jahren verändert, die Absatzzahlen sich stetig verschlechtert. Im Internet gibt es ja auch fast alles für gratis.
Ich erinnere mich noch an meine allererste Spex-Ausgabe. Es war die Nummer 191. John Spencer blickte vom Cover. Album des Monats war übrigens, welch komischer Zufall, Love Inc. mit Life’s A Gas. Kohle hatte ich damals fast keine und trotzdem kaufte ich mir über Jahre hinweg immer blind jedes Album des Monats. Spex hatte ja Geschmack und das Internet zum selber forschen war damals noch in den Kinderschuhen. Ein paar Jahre lang hatte ich die Spex sogar im Abo. In den 00-er Jahren zügelte die Redaktion von Köln nach Berlin und läutete eine neue Ära ein. Diverse Redesigns und Autorenwechsel später, es muss so ca. 2016 gewesen sein, verlor ich das Interesse am neu aufkeimenden intelektuellen Geschwurbel. Als letztes erinnere mich noch an diese eine komische, nichtsagende und überlange Kettcar-Rezension. Viel Bla-Bla um nichts, also fast ein wenig wie früher, als der Jungspund in mir die spexianischen Fremdwörterattacken zwecks Distinktionsgewinn im minuten Takt aufsog. Mittlerweile jedoch bin ich in der Mitte des Lebens angekommen und habe schlichtweg keine Zeit und Nerven mehr jede Rezension, jeden Abschnitt drei oder viermal lesen zu müssen. Womöglich haben all die alkoholischen Einheiten in den letzten 25 Jahren die letzten Fremdwörter und Satzbastel-Hirnzellen im Hirn abgetötet. Egal.
Auch wenn ich nach dem letzten Umzug fast alle Magazine ins Altpapier warf, Spex war wohl der wichtigste Teil meiner muskalischen Sozialisierung. Zwei Ausgaben hüte ich ja noch heute wie den heilgen Gral. Die vom Millenium mit den 100 besten Platten aller Zeiten – zig Stunden wurden mit dieser Ausgabe zwecks entdecken neuer Musik verbracht – sowie die Ausgabe 01/99 mit George Michael auf dem Cover. Auf letzterem Titelbild ist mit einem blauen Kuli die damalige Telefonnummer meiner jetztigen Frau gekritzelt. Amen!