Die gesammelten Gedichte von Thomas Brasch liegen zwar noch immer ungelesen auf meinem Schreibtisch, doch zumindest kann ich dank Masha Qrella die eine oder andere Passage in-und auswendig. Mit der Verarbeitung dessen Texte ins Songformat wagt sich Masha Qrella zum ersten Mal in ihrer doch auch schon langen Musikerinnenkarriere in das Terrain des deutschen Textformats. Dazu spielt sie eher ruhige Popmusik der unterschwellig-melancholischen Sorte. Manchmal, so wie in Geister oder Maschinen, darf es auch etwas technoider werden. Die Beats erinnern dann angenehm an einen ausklingenden Clubabend und vermitteln dem Album das gewisse Etwas ohne jedoch den melancholisch-grauen Faden zu verlieren. Ein Album für die einsame Insel.
Ein Hit-Monster von einem Album, das zugleich Soundtrack zum x-ten Lockdown sein könnte. Doch beim Hören von Monsters fühlt man sich alles andere als allein. Zwar bebt, pluckert und rauscht es manchmal bedrohlich, an der Oberfläche ist es jedoch warm und harmonisch. Monsters ist aber auch der perfekte Begleiter nach einer durchzechten Nacht. Also für den Moment, wenn man sich für das auszappeln in der heimischen Stube oder für den eher gemütlichen Runterkommer am Küchentisch entscheiden muss. Funktionieren tut unter den breiten Einflüssen aus Soul, Jazz und Pop, die wiederum mit allerlei Streichersätzen, Samples und vertrackten Rhythmen zu einer audiophilen Wundertüte verarbeitet wurden, beides gut. Macht auch nach 100x Hören noch riesig Freude.
Als bekennender Fan der anspruchsvollen und populären Musik kam man 2021 nicht an The Weather Station vorbei. Ignorance, auch wenn einiges angenehm stark an Fleetwood Mac‘s Tango in the Night erinnert, ja generell einen ziemlichen 80ies Folkrock-Vibe hat, wird man auf der Platte immer mal wieder überrascht. Sei es mit wilden Jazzeinlagen oder pompös synthetischen Melodieneinsprengseln, die nicht mehr aus dem Hörgang verschwinden möchten. Das ignorieren, unmöglich!
In irgendeinem Little Simz Review stand mal. das Sometimes I Might Be Introvert Rapmusik für Menschen ist, die eigentlich mit Rap oder Hip Hop nicht so viel anfangen können. Also genau das richtige für mich. Filigrane Reime sind hier ebenso Programm wie Hochgeschwindigkeits-Storytelling, doch die Rezeptur wurde wunderbarst mit Bläsern, barocken klassischen Klängen, Soul, R&B , Afrobeat, Funk und weiss der Geier was verfeinert. Und wie geil sind eigentlich die Samples auf dem Album! So muss Popmusik der 20er Jahre klingen.
Alles andere als eingängige Kost gibts es auf dem 2021-er Output des Ehepaares Parker/Sparhawk. Lärmige und verzerrtere Gitarrenschlaufen, ambiente Passagen, tiefe Bässe und zuckersüsse Melodien werden auf Hey What zu einer einzigartigen und zerstörerischen Schönheit zusammengebastelt. Manchmal aber auch etwas nervig, da man nicht weiss ob nun das etwas in die Jahre gekommene Hi-Fi System – hat immerhin schon 36 Jahre auf dem Buckel – am Geist aufgeben ist, oder halt doch alles nur so von Low einstudiert ist. Eines ist jedoch sicher, Hey What wird ein Album sein, dass mir in Jahren noch (besser) gefallen wird, da absolut einzigartig und zeitlos. Platz 5 nur deshalb, weil die anderen noch kommenden vier Alben ein paar Rotationsrunden mehr verbucht haben.
Fast schon so traditionell wie das alljährliche Dinner for One, zum Jahresabschluss resp, -beginn an dieser Stelle meine liebsten Platten des Jahres. Anders als in den Vorjahren fasse ich die Ehrenplätze in einem Wisch zusammen. Die Top 5 folgen dann im gewohnt attraktiven und spannenden Countdown. Viel Spass beim Entdecken.
20)Nils Frahm – Old Friends New Friends 19 )Nick Cave & Warren Ellis – Carnage 18) Arlo Parks – Collapsed in Sunbeams 17) Francois Breut – Flux Flou de la Foule 16) Robert Plant & Allison Kraus – Raise The Proof
15) Idles – Crawler 14) Arab Strap – As Days Get Dark 13 ) International Music – Ententraum 12) Tirzah – Colourgrade 11) Notwist – Vertigo Days
10) Lost Girls – Menneskollektivet 9) Shatten – Shatten 8) Raphael – Haute Fidelité 7) Dry Cleaning – New Long Leg 6) Richard Dawson & Circle – Henki
Letzter Arbeitstag des Jahres! Pendenzen sind abgearbeitet, das Homeoffice aufgeräumt, somit noch etwas Zeit sich im Nostalgiebad zu suhlen. Auch wenn ich von der berühmt berüchtigten Vorweihnachtsstimmung bislang noch rein gar nichts aufgesogen habe, freue ich mich langsam ein wenig auf die kommenden Feier- und Feststage, vor allem aber auf die Ferien. Und so höre ich mir zur Einstimmung auf eben diese Tage noch durch ein paar Empfehlungen aus diversen Jahresendlisten. Man will ja nicht alles verpasst haben. In zahlreichen dieser Listen tauchen da auch War on Drugs auf. Ein Band, der ich eher zwiespältig gegenüber stehe und grundsätzlich immer ein wenig überbewertet fand. Klar, der 80-er Vibe spricht mich schon auch an, besonders in Momenten wie diesen. Dann bekomm ich bei den ausufernden Songs gerne mal Gänsehaut, wobei auf dem neuen Album der längste Song “nur” noch sechseinhalb Minuten dauert. Jedoch muss man auf I Don’t Live Here Anymore wiederum feststellen, dass doch viele Songideen (dreist?) geklaut sind. Das Intro zum Titelsong zum Beîspiel. Ist halt doch mehr Boys of Summer als einem kurz vor Weihnachten lieb ist. Oder irgendwo meinte ich auch die In The Air Tonight Gedenkfanfare aufgeschnappt zu haben. Generell hört man auf I Don’t Live Here Anymore viel mehr Synthies als früher, was mir persönlich ganz gut gefällt und so ertappe ich mich nun doch schon seit ein paar Stunden am Repeattaste bedienen. Manchmal ist es halt schon schön, wenn man sich per Knopfdruck auf eine kleine Zeitreise beamen kann.
Tocotronic haben letzte Nacht ein weiteres Biest für ihr Ende Januar 22 erscheinendes Album Nie wieder Krieg auf die Menschheit losgelassen. Topsong. Aber eigentlich habe ich ja gar keine Zeit um aktuell Tocotronic zu hören. Denn…. die ebenfalls aus Hamburg stammenden Shatten drehen derzeit nonstop auf dem Plattenteller – gut hab ich seit dem Sommer wieder so ein Vinylabspielgerät. Was für dein Debüt. Was für eine Platte. Zackig emotionaler Punkrock der mich angenehm an die Hamburger Schule erinnert. So gut! Und Falsche Fährte, was für ein Song. Die hausinternen Jahreschart werden nochmals ordentlich durcheinander gewirbelt. Highly recommended!
Die beiden auf dem nordwestamerikanischen Kult-Label Sub Pop erschienen Alben von Tiny Vipers strotzen nur so von beklemmender Melancholie und hermetischer Trostlosigkeit. Immer ungemein berührend und ganz wichtig, Tiny Vipers driftet nie ins weinerliche ab. Die Musik entsprechend spärlich instrumentiert. Akustische Gitarre, viel Hall und eine wenig Marble Index, das Muss reichen. Ein Soundtrack, aufgenommen für den nie enden wollenden Winter. Oder für die wohl bald wieder kommenden Tage in der Isolation.
Über Nick Cave muss ich euch wohl nichts mehr erzählen. Eine Legende, der Mann. Pünktlich aufs Weihnachtsgeschäft steht Teil 2 seiner B-Seiten und Raritäten-Sammlung in den Läden und erfreut das saisonal etwas schwermütige Popherz. B-Seiten ja bei vielen Künstler oft Ausschussware, nicht so bei Herrn Cave. Für die meisten Songs auf der Compilation würde so manch/e Künstler/-in sein/ihr letztes Hemd hergeben. Eine wahre Freude diese Veröffentlichung und der Zeigefinger klebt auch schon seit Tagen auf der Repeat-Taste. Song des Tages, ja gar des Jahres, das bisher unveröffentlichte Vortex aus dem Jahre 2006. Meine Güte, ist das gut!