Die gesammelten Gedichte von Thomas Brasch liegen zwar noch immer ungelesen auf meinem Schreibtisch, doch zumindest kann ich dank Masha Qrella die eine oder andere Passage in-und auswendig. Mit der Verarbeitung dessen Texte ins Songformat wagt sich Masha Qrella zum ersten Mal in ihrer doch auch schon langen Musikerinnenkarriere in das Terrain des deutschen Textformats. Dazu spielt sie eher ruhige Popmusik der unterschwellig-melancholischen Sorte. Manchmal, so wie in Geister oder Maschinen, darf es auch etwas technoider werden. Die Beats erinnern dann angenehm an einen ausklingenden Clubabend und vermitteln dem Album das gewisse Etwas ohne jedoch den melancholisch-grauen Faden zu verlieren. Ein Album für die einsame Insel.
Alles andere als eingängige Kost gibts es auf dem 2021-er Output des Ehepaares Parker/Sparhawk. Lärmige und verzerrtere Gitarrenschlaufen, ambiente Passagen, tiefe Bässe und zuckersüsse Melodien werden auf Hey What zu einer einzigartigen und zerstörerischen Schönheit zusammengebastelt. Manchmal aber auch etwas nervig, da man nicht weiss ob nun das etwas in die Jahre gekommene Hi-Fi System – hat immerhin schon 36 Jahre auf dem Buckel – am Geist aufgeben ist, oder halt doch alles nur so von Low einstudiert ist. Eines ist jedoch sicher, Hey What wird ein Album sein, dass mir in Jahren noch (besser) gefallen wird, da absolut einzigartig und zeitlos. Platz 5 nur deshalb, weil die anderen noch kommenden vier Alben ein paar Rotationsrunden mehr verbucht haben.
Erinnert sich noch jemand an die wunderbare Zusammenarebit zwischen Rockdinosaurier Robert Plant und Bluegrassprinzessin Alison Krauss? Auch nach all den Jahren höre ich mir das mit viel Westernromantik gespickte Raising Sand immer noch sehr gerne an. Man darf bei diesem mit sechs Grammys ausgezeichneten Album also getrost von einem zeitlosen Klassiker sprechen. Mittlerweile sind 14 Jahre vergangen, die Welt ist eine andere, die Gesellschaft sich mehr und mehr am spalten. Da tut so ein wenig von der eben erwähnten verhaltenen Westernromantik dem geschundenen und zusätzlich vom Herbstblues geplagten Herzen so richtig gut. Und eines ist schon sicher. Kommenden Freitag werde ich nach dem Aufstehen und noch vor dem ersten Kaffee des Tages Raise The Roof, die neue Zusammenarbeit von Plant und Krauss anspielen. Die Vorfreude auf ein hoffentlich weiteres tolles Album ist riesig. Die Trackliste resp. die Auswahl an neu interpretierter Songs ist schon mal lesenswert. u.a. dabei auch mein Lieblingssong von Calexico. Die beiden hörbaren Zückerli Can’t Let Go (Lucinda Williams) und vor allem It Don’t Bother Me (Bert Jansch) sind aber definitiv wiederum von einem anderen Planeten und lassen die Sonne an einem weiteren grauen Tag wie heute im Herzen scheinen. Aber bitte hören sie selbst!
Über Nick Cave muss ich euch wohl nichts mehr erzählen. Eine Legende, der Mann. Pünktlich aufs Weihnachtsgeschäft steht Teil 2 seiner B-Seiten und Raritäten-Sammlung in den Läden und erfreut das saisonal etwas schwermütige Popherz. B-Seiten ja bei vielen Künstler oft Ausschussware, nicht so bei Herrn Cave. Für die meisten Songs auf der Compilation würde so manch/e Künstler/-in sein/ihr letztes Hemd hergeben. Eine wahre Freude diese Veröffentlichung und der Zeigefinger klebt auch schon seit Tagen auf der Repeat-Taste. Song des Tages, ja gar des Jahres, das bisher unveröffentlichte Vortex aus dem Jahre 2006. Meine Güte, ist das gut!
Caravane, das nunmehr auch schon 15 Jahre auf dem Buckel hat, findet auch heute noch mit aller Regelmässigkeit den Weg in den CD-Schacht. Ein wirklich wunderbares Album, das ich jedem, der dem Französischen nicht abgeneigt ist, empfehlen kann. Leider hab ich dann die diversen Nachfolgealben zu lange an der überragenden Qualität von Caravane gemessen und nach wenigen Hördurchgängen ins Regal gestellt. Der Nachfolger Je Sui Que La Terre…. find ich zwar nach all den Jahren immer noch durchschnittlich aber ab Pacific 231 darf man bei Raphael wieder blind zugreifen. Vor allem die beiden letzten Alben Anticyclone und Haute Fidélité gehören zum besten, was das musikalische Frankreich in den letzten Jahren zu bieten hatte. Bitte hören Sie!
Die Temperaturen in den hiesigen Breitengraden nähern sich immer schneller dem Gefrierpunkt. Zumindest nachts ist es schon ordentlich frisch. Da kommt dieses Produkt namens Snowy Band aus Australien gerade richtig. Meist ruhiger, melancholischer Indie-Lo-Fi Pop, den man am liebsten unter der Bettdecke eingekuschelt hören möchte. Freunde von Big Thief und ähnlichem dürfen hier gerne blind zugreifen.
Heroischer Kampf der Ösis gestern im EM Achtelfinale gegen das scheinbar übermächtige Italien. Geiles Spiel jedenfalls. Der Big Shout geht aber trotzdem an einen Italiener. Gianluigi Donnarumma, Keeper der Azzurri, der mit einer Wahnsinnsparade einen Ösi-Strich in der Overtime mirakulös entschärft. Meine Fresse, war das geil. Gianluigi, der Negroni heute geht auf Dich. Und dann auch gleich einen auf Franco Battiato. Der verstarb, wie ich erste heute gelesen habe, vor einem Monat. Mit La Voce del Padrone hat er vor nunmehr 40 Jahren einer der besten Italo-Alben überhaupt veröffentlicht. Und wenn schon kein Italien Urlaub dieses Jahr, ein wenig Solitary Beach im Sommer-Wohnzimmer schadet nie. Klassiker.
Wir zügeln! Auch wenn das schier endlose Spiel mit dem Zügelkisten packen zu einem elenden “Chrampf” verkommt, freut man sich doch, dass der Tag X mit dem Einzug in die neuen vier und ein paar mehr Wände mehr naht. Konkret noch 3 mal schlafen und dann heisst es neue Wohnung, neues Glück. Bis dahin gibts noch zu tun. Und damit es auch vorangeht, müssen die Kinder anständig beschäftigt werden. Zum Beispiel mit Papi’s Fotokisten entstauben und sortieren. Natürlich tauchen da so Fragen auf, wieso Papi nicht mehr so schönes langes und vor allem volles Haar wie früher hat. Ähm ja, immerhin hat er noch Haare. Oder nach Namen von Menschen mit denen ich mich irgendwo mal vor rund 25 Jahren hab ablichten lassen. 25 Jahre, ein lange Zeit, wieso sollte ich all das noch wissen? Sehr schön die Fotos vom ziemlich chaotischen Inter-Rail Trip im Jahre 98 der nach gut 3 Wochen auf Mykonos endete. Hach, waren das Zeiten. Und so schwelge ich jetzt in einer kleinen Packpause zur wohl besten Platte aller Zeiten – zumindest war sie es damals im Sommer 1998 – in den zahlreichen Erinnerungen von eben diesem Sommer, der uns via Ligurien, Venedig, Rom, Capri, Neapel nach Athen und auf diverse Inseln in Griechenland brachte. Was wohl aus Tobi und Marc, meinen Begleitern von damals, wurde?
Der Vertonung von Gedichten stehe ich eigentlich eher skeptisch gegenüber. Und dann noch von Thomas Brasch. Also nicht, dass ich den schlecht finden würde, ich kannte ihn bis vor Kurzem überhaupt nicht. Wären da also nicht noch die eine oder andere ziemlich ansprechende Rezension über Woanders in den Medien meines Vertrauens erschienen, ich hätte dem neuen Album von Masha Qrella wohl null Chancen gegeben. Nun, mittlerweile ist mir Thomas Brasch ein Begriff. Seine gesammelten Werke stehen mittlerweile in meiner kleinen aber feinen Bibliothek genauso wie dieses wunderbare Werk von Masha Qrella, ihrem ersten deutschsprachigen überhaupt. Die Texte, manchmal auch nur Fragmente, passen hervorragend zur den meist geisterhaft-träumerischen Klängen. Es gibt aber zwischendurch auch die Songs, etwa Maschinen, vorgetragen im Duett mit dem Ja Panik–Spechtl , die auf pumpenden Housebeats basieren und bestens in die dunkle Clubnacht passen würden. Der Grundtenor bleibt jedoch ruhig und melancholisch, wie das im Duett mit Thomas Brasch’s Schwester Marion vorgetragene Märchen. Woanders ist für mich die bisherige Überraschung 2021 schlechthin und die 17 Songs bei 68 Spielminuten sind keine Sekunde langweilig oder unnötig. Anders gesagt, all Killer no Filler oder nochmals anders ausgedrückt: absolutetste Kaufempfehlung.
So nach einem nachmittäglichen Negroni auf dem heimischen Balkon steigt die Laune gewaltig und man hört den alten Süffel lauthals die Mitmenschen mit Baila Morena nerven. Ich hab ja Verständnis dafür, dass man den Titel nicht mehr hören mag – ich mochte ihn bis vor kurzem übrigens überhaupt nicht, aber der Alkohol… – und so hab ich dann das heimische Stereosystem auf diese wundervolle auf Italienisch eingespielte Coverversion umprogrammiert. Wer kennt das Original?